Gedanken, 2005
Videoinstallation, drei Beamer, 6 min. im loop
In einem ehemalige Elektroladen, der bald abgerissen wird, zeigt Cornelia Rößler die Videoinstallation Gedanken. Mit drei Beamern werden abwechselnd drei verschiedene Räume einer Wohnung an die Wand geworfen, während man der Stimme einer alten Frau zuhört. Gelegentlich bewegt sich die Kamera auf einzelne Details der Wohnung zu, und verliert sich wieder im Dunkel. Die Sprecherin, bei der es sich wohl um die Bewohnerin handelt, bekommt die Kamera nie in den Blick. Durch die zahlreichen Fotos, Postkarten und Kalender erhält die Wohnung einen beinahe musealen Charakter. Die Unbelebtheit der Wohnung steht im Kontrast zu dem geselligen Tonfall der alten Frau, der jedoch wiederholt in Angst und Einsamkeit umschlägt. Dabei erzählen die unbelebten Gegenstände der Wohnung ebenso eine Geschichte wie die belebte Stimme der Frau, die davon erzählt, wie ihre Nachtruhe von einem Klingeln gestört wird, das selbst, nachdem der Elektriker die Klingel ganz abgestellt hat, nicht aufhört.
In der Videoinstallation Gedanken stehen der Mensch und seine Umwelt ebenfalls in enger Beziehung zueinander. Mit drei Beamern werden abwechselnd drei verschiedene Räume einer Wohnung an die Wand geworfen, während man der Stimme einer alten Frau zuhört. Gelegentlich bewegt sich die Kamera auf einzelne Details der Wohnung zu, verliert sich aber schnell wieder im Dunkel. Die alte Frau, offenbar die Bewohnerin der Wohnung, bekommt die Kamera nie in den Blick. Fast scheint es so, als würde die Frau die Wohnung schon gar nicht mehr bewohnen, so starr und unbelebt öffnet sich dem Betrachter der Blick in die Wohnung. Durch die zahlreichen Fotos, Postkarten und Kalender erhält die Wohnung einen geradezu musealen Charakter. Das Meiste scheint seit sehr langer Zeit nicht mehr verrückt geworden zu sein. Die Unbelebtheit der Wohnung steht in einem seltsamen Kontrast zu dem geselligen Tonfall der alten Frau, der jedoch immer wieder in Angst und Einsamkeit umschlägt, was weit besser dem Charakter der Wohnung entspricht. Die unbelebten Gegenstände der Wohnung erzählen ebenso eine Geschichte wie die belebte Stimme der Frau, die davon erzählt, wie ihre Nachtruhe immer wieder von einem Klingeln gestört wird. Doch selbst als sie die Wohnungsklingel vom Hausmeister abstellen lässt, klingelt es weiterhin. Die Grenze zwischen Innen und Außen ist auch hier durchlässig. Obwohl das Klingeln nach dem Abstellen der Klingel offensichtlich nicht mehr einen äußeren Reiz zur Ursache haben kann, ist die Frau verzweifelt darum bemüht, das Klingeln durch Externalisieren zu rationalisieren. Die Quelle des Klingelns entzieht sich aber einer eindeutigen Lokalisierung. Es ist nur anwesend in den Erzählungen der alten Frau. Diese ist nur anwesend in ihrer Stimme, wobei die Räume ihrer Wohnung ihr als Klangkörper zu dienen scheinen. Auch in dieser Installation ist eine klare Trennung von Körper und Geist nicht länger möglich und wird nach beiden Richtungen aufgebrochen. Einerseits wird die Anwesenheit der Frau eigentümlich geistig, insofern wir Sie nie zu sehen bekommen und sie gewissermaßen ihres natürlichen Körpers beraubt ist. Andererseits materialisiert sich ihre Stimme in den eigentlich unbelebten Räumen und Einrichtungsgegenständen ihrer Wohnung, die sich dadurch beleben. Hinzu kommt das in der Rede der Frau immer wiederkehrende Klingeln, dessen Realität für die Bewohnerin ganz außer Frage steht, selbst wenn es für diese Realität spätestens nach dem mechanischen Abstellen des Klingelns außerhalb der Wahrnehmung der Frau keinen Ort mehr zu geben scheint.
Rößlers Werk verweigert dem Betrachter eine eindeutige Zuordnung und Verortung des Wahrgenommen und eröffnet so den Blick auf Grenzbereiche unserer Existenz, die vielmehr mit unserer Umgebung verwoben ist, als wir es auf den ersten Blick wahrhaben. Rößler verweist auf die Grenzen der Rationalisierbarkeit der Welt, die sich hier in der Unmöglichkeit der Verortung des Klingelns ausdrückt. Trotz der Grenzüberschreitungen, die wir in Rößlers Werk in den Blick bekommen, bleibt am Ende eine Grenze bestehen: die prinzipielle Begrenztheit des menschlichen Verstandes.
Text von Dominik Rößler